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DER EIGENE SENF

Personalsuche: Die 4 häufigsten Kandidatentypen

Häufig fehlen Unternehmen die personellen Ressourcen für die aufwendige Personalsuche. Dann kommen wir Headhunter ins Spiel. Bestimmte Wunsch-Kandidaten tauchen dabei immer wieder auf. Aber sind diese realistisch?

Um zu Beginn gleich mit einer Erwartungshaltung aufzuräumen: Sie werden hier keine wissenschaftlich fundierte Analyse der häufigsten Persönlichkeitsprofile finden, die uns auf dem Markt auf Kandidatenseite und auf Personalbedarfsseite begegnen. Wir wollen Sie auch keinesfalls davon überzeugen, dass es NUR diese vier Kandidatentypen gibt.

Wir möchten Ihnen kurz aus unserer alltäglichen Praxis berichten und beschreiben, mit welchen Wünschen an und von Kandidaten wir tagtäglich zu tun haben. Verpackt in eine Übersicht von vier Kandidatentypen verraten wir Ihnen, mit welchen Herausforderungen die Personalsuche verbunden ist und was Executive Search Berater und Auftraggeber beachten müssen. Vorsicht: Die Typologie ist mit einem Augenzwinkern verfasst und sollte mit Humor betrachtet werden.

Gestatten Sie uns jedoch zunächst ein paar Gedanken zum Thema Personalsuche.

Die Aufgabe des Personalberaters:

Vermutlich haben auch Sie schon die Erfahrung gemacht: Sie möchten eine Position im technischen, kaufmännischen oder vertrieblichen Bereich besetzen. Auf Ihre Stellenanzeige erhalten Sie nur wenige Bewerbungen und keiner der Bewerber verfügt über das von Ihnen benötigte und geforderte Fachwissen.
Ein gezielteres Vorgehen in einem solch engen Personalmarkt stellt die Direktsuche durch Personalberater dar. Executive Search-Spezialisten wie wir bei von Rundstedt verfügen über ein weitverzweigtes Netzwerk und das Know-How, wo Talente für die verschiedenen Bereiche zu finden sind.

Gemeinsam legen Personalberater und Auftraggeber fest, welche Funktionsträger in welchen Unternehmen angesprochen werden sollen. Die Aufgabe des Beraters ist es dann, die Wechselbereitschaft des Angesprochenen zu wecken sowie ihn für die Position und ihr Unternehmen zu begeistern. Gleichzeitig ist es unsere Aufgabe als Personalberater, die Wunschzettel unserer Auftraggeber einem Realitätstest zu unterziehen und an der Marktsituation zu messen.

Die begehrtesten Kandidaten: Wunsch vs. Wirklichkeit

Typ 1: Der technikaffine und sozialkompetente Entwickler oder Ingenieur
Das wünschen sich Unternehmen:

Bei der Besetzung von technischen Schlüsselfunktionen oder auch technischen Spezialisten-Funktionen ist das übliche Bedarfsprofil häufig sehr umfangreich und gleicht einer Wunschliste. Neben ausreichender Berufserfahrung und hoher technischer Passgenauigkeit werden eine ausgeprägte soziale Kompetenz und geringe Gehaltsvorstellungen erwartet. Vielsprachigkeit ist von Vorteil, Mobilität wird vorausgesetzt. Je abgeschiedener der Dienstsitz ist, desto eher wird erwartet, dass die Umzugsbereitschaft hoch ist und bei jungen Menschen geradezu nicht gebremst werden kann.
Die hohe soziale Kompetenz ist natürlich erfolgskritisch, denn das Unternehmen setzt in der Regel auf Teamwork, Kollaboration, Austausch, Netzwerken und gegenseitige Unterstützung.

So sieht die Realität aus:

Die Realität sieht natürlich anders aus. Es ist nicht so, dass diese Kandidaten noch immer zuhause bei den Eltern leben und sich freuen „endlich mal raus zu dürfen“. Im Gegenteil: Immer mehr junge Menschen zeigen einen beachtlichen Rückgang an Mobilitätsbereitschaft und Anpassungsfähigkeit.
Auch sind viele dieser Kandidaten nicht unbedingt so soziale Persönlichkeiten – viele von ihnen meiden die bekannten sozialen Netzwerke, beschäftigen sich mit technischen statt mit zwischenmenschlichen Herausforderungen und sind nicht häufig an Wechseln interessiert.

Unser Rat bei der Suche nach diesem Kandidaten:

Wir sind überzeugt, dass Ihnen als Unternehmer oder Unternehmenslenker gute Argumente einfallen, mit denen Sie solche Menschen auf sich und Ihr Unternehmen aufmerksam machen und für sich gewinnen können. Zeigen Sie in jedem Fall Geduld und prüfen Sie, ob der Kandidat als Mensch und Persönlichkeit wirklich zu Ihnen in das Team oder den Bereich passt. Bieten Sie den Kandidaten ein zu seiner Persönlichkeit passendes Umfeld und nehmen Sie seine Wünsche ernst. Damit unterscheiden Sie sich von dem größten Teil der Unternehmen, die mit Ihnen um die Gunst des Kandidaten ringen.

Typ 2: Der kreative und geniale Marketeer
Das wünschen sich Unternehmen:

Dieser Kandidat ist eher ein Genie, der das Multitasking erfunden hat und alles, was weniger als zehn Projekte gleichzeitig bedeutet, als Langeweile empfindet. Natürlich ist er total digital – ein Digital Native – egal wie alt er ist. Er ist weltoffen, gewitzt und mutig. Genauso wie der Techniker ist er vielsprachig und weitgereist. Aus der Not eine Tugend machen, das sollen Marketing-Kandidaten besonders gut können. Je kleiner die Budgets, desto besser die Ideen und Konzepte. Nach dem Motto: Sie streichen das Budget und der Kandidat wird immer bessere Ideen generieren.

So sieht die Realität aus:

Struktur und Selbstorganisation suchen Sie hier vergeblich. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Es gibt sehr viele hervorragend ausgebildete und entsprechend professionell agierende Menschen in diesen Bereichen.

In Wirklichkeit sind die Aufgaben im Marketing nur selten so kreativ und fordern permanente Inspiration, so dass sich „perfekte“ Kandidaten bald eher langweilen als engagieren wird.

Unser Rat bei der Suche nach diesem Kandidaten:

Passen Sie Ihre Sprache und Ihre Botschaften auf Ihren Markt und Ihre Klientel an. Stimmen Sie uns zu, wenn wir behaupten, dass sich das Marketing im technischen Dienstleistungsumfeld von dem eines Nahrungsmittelherstellers im Endkundenmarkt massiv unterscheidet? Dann sollten Sie entsprechend reagieren und die Chancen, Perspektiven und Tätigkeitsfelder realistisch skizzieren und somit für große Transparenz sorgen. Damit gewinnen Sie Glaubwürdigkeit, vermeiden spätere Enttäuschung darüber, dass ihre Aufgabe ganz anders ist als geglaubt.

Typ 3: Der redegewandte und abschlussstarke Vertriebler
Das wünschen sich Unternehmen:

Dieser Kandidat ist extrem ehrgeizig, erfolgshungrig, abschlussstark und rhetorisch eine Klasse für sich. Frei nach dem Motto von Aretha Franklin „Ain’t no mountain high enough…“ ist er ein Gipfelstürmer erster Güte. Er verkauft den Eskimos Kühlschränke, ist schon beim nächsten Kundengespräch bevor die letzte Vertragstinte trocken ist und kennt „Gott und die Welt“, hat also ein unfassbar weites Netzwerk. Er kommt durch jede Tür, erreicht seine Zielvorgaben ohne größere körperliche Anstrengungen und definiert sich nicht ausschließlich über sein Bonus-Schreiben vom Arbeitgeber.

Anstatt eine Diva zu sein, ist dieser Kandidat der ultimative Teamplayer, der alles Wissen teilt, der anderen Kollegen aushilft ohne dabei an sich zu denken, der immer und überall für seine Kunden und Kollegen da ist und dem der Teamerfolg das höchste Gut ist. Die Dokumentation in und die Arbeit mit Kundendatenbanken ist eine Selbstverständlichkeit und begeistert diesen Mitarbeiter nachhaltig.
So sieht die Realität aus:

Faktisch sind solche Kandidaten leider Mangelware. Sie suchen den abschlussstarken Teamplayer, finden aber nur den selbstdarstellerischen Heisslüfter, der seinen eigenen Umsatzprognosen hinterherläuft. Sie kennen dieses Szenario? Zu dieser Herausforderung gesellt sich oft hohes Anspruchsdenken (im Hinblick auf Gehalt und Verantwortung) unter den Kandidaten und eine abnehmende Verbindlichkeit im Rekrutierungsprozess.

Unser Rat bei der Suche nach diesem Kandidaten:

Wenn Sie Abstriche machen müssen, dann machen Sie das auf der technischen Kompetenzseite, denn diese Fähigkeiten können die Kandidaten noch erlernen. Die Persönlichkeit hingegen werden Sie nicht ändern – hier muss es in jedem Fall auf Anhieb passen. Überlegen Sie genau, ob der Kandidat in das Team passt oder ob Sie hier eher mit „Reibungshitze“ und damit Energieverlust rechnen müssen.

Seien Sie zudem zügig in den Rekrutierungsprozessen. Schnelle Menschen wollen schnell überzeugt und „mitgenommen“ werden. Wir machen die Erfahrung, dass sich die Entscheidungsprozesse enorm verlangsamt haben. Auf diesem Weg gehen Ihnen leider einige interessante und vielversprechende Menschen verloren.

Typ 4: Das zahlenaffine und weitsichtige Finanzgenie
Das wünschen sich Unternehmen:

Sie haben ein Finanzproblem? Sie haben keine Ahnung, warum die Finanzen im Hause so sind wie sie sind und wünschen sich jemanden, der die Lösung „im Schlaf rückwärts runterbeten kann“? Sie möchten jemanden finden, der Kosten „implodieren“ und Gewinne „durch die Decke schießen lässt“? Jemanden der sich nie verrechnet, für den Taschenrechner und Excel keine Werkzeuge, sondern Standardausstattung des genetischen Werkzeugkoffers sind? Dann sind Sie nicht allein.

Vom Business nicht nur etwas, sondern alles zu verstehen und auf der anderen Seite die finanziellen Implikationen mit großer Weitsicht in den Planungen zu berücksichtigen, das sind die fettgedruckten Eigenschaften in den Profilen von Chief Financial Officers, Kaufmännischen Leitern und Leitern Controlling bzw. Leitern Rechnungswesen.

So sieht die Realität aus:

Das Finanzgenie mit einem gesunden Schluck „Kreativität“ ist ein vielgefragter Typ, leider aber auch ein scheues Reh. Aktuell gibt es enorm viele Menschen, die ihren nächsten Karriereschritt im Auge und auf ihrem Lebenslauf die Buchstaben „CFO“ als Wunschposition haben. Die Fähigkeit, digital und weit nach vorne zu denken, fehlt leider vielen Kandidaten, zumal auch das Alter der Kandidaten sehr weit gespreizt ist. Kreativität ist häufig eine Mangelerscheinung, was sich auch damit erklären lässt, dass in den letzten Stationen diese eventuell gar nicht gefragt war.

Unser Rat bei der Suche nach diesem Kandidaten:

Fokussieren Sie sich bei der Suche sehr stark auf die Prüfung des Verständnisses Ihres Geschäftsmodells, Ihrer Unternehmensstrategie und Ihrer Stoßrichtung bei diesen Kandidaten. Wenn Sie einen persönlichen und sehr guten Eindruck von ihrem Kandidaten haben, dann lassen Sie ihn das wissen und thematisieren Sie die „untypischen“ Aspekte seiner Aufgabe und fragen ihn nach seinen Einschätzungen zum Markt, zur Strategie. Bei den richtigen Kandidaten entsteht an dieser Stelle in der Regel ein sehr stark nachhallender Dialog.

Personalsuche – Mission possible

Als Berater unserer Kunden verstehen wir die Wunschlisten unserer Kunden durchaus und erkennen auch an, dass man zunächst von einem „All-in-one“-Profil ausgehen möchte. Je höher aber die Latte liegt, desto tiefer der Fall und desto härter der Aufschlag.

Deshalb raten wir unseren Kunden über den Menschen und die Funktion zunächst getrennt zu sprechen und erstellen nach dem ersten Briefing-Gespräch ein Profil und ergänzen dieses mit durchaus kritischen Anmerkungen. „Mission Impossible“ mag ein unterhaltsamer Film sein, aber in unserer Profession ist solch ein Mandat für keinen Beteiligten befriedigend. Ein bisschen Glück gehört stets auch dazu, aber sich alleine darauf zu verlassen ist sehr fahrlässig. „Erdung“ und „Erwartungsmanagement“ sind die zwei Eigenschaften, die Personalberater haben müssen im Dialog mit ihrem Auftraggeber, denn nur so können Stereotypen und Realitäten erfolgreich miteinander verwoben werden.

Vom Kandidaten her denken

Letztlich gelten für die unterschiedlichen Kandidatentypen auch unterschiedliche Handlungsweisen bzw. Behandlungstechniken im Recruiting-Prozess. Kandidaten müssen Ihren Bewerbungsprozess als unvergessliches Erlebnis in Erinnerung behalten. „Vom Kunden bzw. Kandidaten her denken“ – das ist die Devise. Der Begriff „Candidate Experience“ ist mittlerweile in vieler Munde und das nicht ohne guten Grund. Stellen Sie sich das mal vor: In einem von Kandidaten gesteuerten Markt schaffen Sie es nicht, den Kandidaten von Ihrem Unternehmen zu begeistern. Die Folge ist absehbar: Vermutlich wird er sich für ein anderes Angebot entscheiden.

Der Rat ist einfach wie wertvoll: Bauen Sie eine persönliche Nähe zu den Menschen auf, mit denen Sie ins Gespräch über eine Mitarbeit kommen möchten. Das ist der beste Weg, um Menschen für sich und die Aufgabe zu begeistern. Denn Kandidaten entscheiden sich auch für das Umfeld und nicht nur für die Aufgabe allein.

Ausblick: Cultural Fit

Ein wichtiger Ansatz, den Unternehmen heute immer öfter verfolgen, ist: „Hire for attitude and train for skills“. Der Blick richtet sich also immer stärker auf die Potenziale und die Persönlichkeit eines Kandidaten. Fachlichkeit tritt dagegen in den Hintergrund.

Was das konkret für die Personalsuche bedeutet und warum dieser Ansatz und der Cultural Fit eines Kandidaten wichtige Erfolgsmerkmale sind, darüber lesen Sie zukünftig noch mehr auf diesem Blog.

Bis zum nächsten Mal,
Ihr Constantin von Rundstedt & Jan-Michael Engel

Constantin von Rundstedt
Constantin von Rundstedt